marilyn manson Titel

"Dead To The World"





Marilyn Manson: "Dead To The World"

The Tour America Didn’t Want You To See

Die Verpackung des ersten langen Heimvideos von Marilyn Manson erscheint eher schlicht als einladend. Keine schockierenden Bilder oder bösen Blicke, wie man das sonst gewohnt ist, sondern lediglich rote Schrift auf schwarzem Hintergrund und ein "Schock-Symbol" versprechen hier das Erlebnis, im Mittelpunkt eines außergewöhnlichen Ereignisses stehen zu können: Der 96er Tournee der Band durch die Staaten, welche in einem wesentlich größerem Rahmen aufgeführt wurde als die Auftritte in europäischen Clubs.

Der Betrachter bekommt, festgehalten durch den bandeigenen Kameramann, Einblicke in die Live-Auftritte der Band geboten, schaut hinter die Kulissen der Show und erfährt wichtige und weniger aufregende Dinge über das Phänomen Manson. Das Ganze wird meist im wackligen Lo-Fi-Bildern präsentiert und mischt sich mit skurrilen Szenen, die vereinzelt durchaus nacktes Fleisch präsentieren und somit auch die Voyeure unter den Zusehern vollauf befriedigen werden.

Musikalisch und textlich sind die Lieder auf "Dead To The World" gegenüber den Plattenaufnahmen an manchen Stellen verändert worden und ergeben durch die Performence eine Konzeptshow, welche bei einem eher verletzlichen Mister Manson beginnt und sich bis hin zum starken Rock- und Antichrist Superstar steigert. Vor allem "Apple Of Sodom" mit viel Blut und Kunstschnee wirkt in der Livefassung wesentlich kräftiger und intensiver als die Version auf dem "Lost Highway"-Soundtrack. Aber auch das allseits bekannte "The Beautiful People" bekommt einen neuen Charakter durch den ungewöhnlichen Einsatz eines Bläsers. Und es ist einfach herzallerliebst, wenn Manson bei "Kinderfeld" auf seinen Stelzen zur Panflöte greift und darauf einige Töne trällert. Auch wird den Augen ein Einblick in die Aggressivität Mansons auf der Bühne geboten, wenn er auf Twiggy Ramirez oder Ginger Fish losgeht, was in der Vergangenheit nicht immer unblutig endete. Überhaupt dürfen die Selbstzerstümmelungsszenen nicht fehlen, wenn der Kopf der Band wieder einmal mehr zum Glassplitter greift, um seinen weißen Körper, der natürlich in das wohlbekannte Korsett geschnürt wurde, eine eher rötliche Färbung zu verleihen.

Während Manson und sein vierköpfiger Anhang auf der Bühne wüten, zeigt uns die Kameras auch die Leute, die immer noch glauben, Vergewaltigungen und Tierschändungen seinen ein fester Bestandteil eines jeden Auftritts der Band. "Jesus Loves Manson" verkünden ihre Plakate und der Geliebte betont kurz darauf, daß diese Beziehung nicht auf Gegenseitigkeit beruhe. Wir erfahren unter anderem auch, daß Brian Warners (das ist der bürgerliche Manson) Eltern sein Tun nie richtig verstanden haben und daß die Gesellschaft immer einen Sündenbock für ihre Probleme gesucht habe. Wer das wohl sein mag?

Eine Stunde lang darf man in dem seltsamen Kosmos von Marilyn Manson verweilen, sieht, wie dieser vom Publikum bespuckt wird, nackt im Pool schwimmt und in eine Schachtel pinkelt, darf dabei sein, wenn Twiggy ausgiebig kotzt oder orale Tätigkeiten bei Manson verrichtet, betrachtet Ginger, wie er einem weiblichen Anhänger den Hintern versohlt, während Pogo Stühle durch die Gegend wirft und Zim Zum noch einmal das Erbrochene von Twiggy untersucht. Alles in allem ein interessanter Einblick in die Welt der Manson Familie, auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, daß dieses eine Mal vielleicht auch die anderen Mitglieder der Band etwas häufiger zu Wort gekommen wären. Denn wer schon einmal ein Interview mit Twiggy, Madonna oder Ginger gesehen oder gelesen hat, weiß, daß diese Personen durchaus etwas zu sagen haben. Auch fehlen einige Songs, die das Liveprogramm abgerundet hätten und durchaus während der Tour gespielt wurden ("The Minute Of Decay", "Cake And Sodomy" oder "Dried Up, Tied And Dead To The World"), aber die Sexeinlage bei "Lunchbox", die selbst Madonna vor Neid erblassen lassen würde, macht das wieder wett. "Dead To The World" lohnt in jedem Falle mehr als die Anschaffung der "Remix And Repent"-EP, bei welcher der Funke nicht so recht überspringen will, zumal der Ekelfaktor viel, viel höher angesetzt wurde.

Die Tracklist:

Angel With The Scabbed Wings (von Antichrist Superstar)
Lunchbox (von Portrait Of An American Family)
Sweet Dreams (von Smells Like Children)
Kinderfeld (von Antichrist Superstar)
Apple Of Sodom (vom Lost Highway OST)
Antichrist Superstar von (Antichrist Superstar)
The Beautiful People von (Antichrist Superstar)
My Monkey (von Portrait Of An American Family, nur Ausschnitt)
Irresponisble Hate Anthem (von Antichrist Superstar)
Rock N‘ Roll Nigger (von Smells Like Children, nur Ausschnitt)
1996 (von Antichrist Superstar)


Von Michael Kaiser

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