Brian
Warner (28) ist kein Psychopath. Und wenn er einer ist,
sind wir es alle. Brian Warner ist Marilyn Manson und in
den USA längst ein Idol - fast wie Marilyn Monroe oder
Schlächter Charles Manson, von denen er sich seinen
neuen Namen auslieh. Auf der Bühne hüllt er sich in
zerfetzte Korsagenreste und verfilzte Bandagen, schneidet
sich mit Glasscherben die Brust auf und predigt dabei
donnernden Elektropunk.
Je grausamer die Show, je geschmackloser die Symbolik,
desto größer ist der Jubel des Publikums. Manson, der
berechnende Nihilist. Harmlose Kids, kostümiert wie
Zombies, taumeln vor der Bühne herum und empören am
nächsten Tag die Chronisten der Lokalpresse im braven
Amerika. Lebensverachtend, blasphemisch, anmaßend,
gewalttätig, pervers sind die Adjektive, die Manson für
sein Werk erntet - nebst reißendem CD-Absatz (3
Millionen) und ausverkauften Konzerten.
Ein stiller Bub war der kleine Brian. Und irgendwie
anders. Opa, der auf Klistiere und Tierpornos stand und
immer in den Keller wichsen ging, lehrte ihn, daß es
eine amerikanische Gegenwelt hinter der possierlichen
Fassade gibt - sein neues Zuhause. Eine Schar
Gleichgesinnter fand sich, Trent Reznor, Papst der
Elektrorock-Gemeinde und Chef der Band Nine Inch Nails,
erkannte das Potential der Band und nahm die Band bei
seinem Label Nothing unter Vertrag. Das zweite Album
"Smells like Children" ('95, Universal) ist ein
Vorgeschmack, das dritte "Antichrist Superstar"
('96 Universal) der überzeugende Hauptgang. Und wer
heute Abend in der Großen Freiheit 36 keinen üblen
Beigeschmack spürt, hat seine Chance verpaßt.
Von Hamburger Morgenpost Online
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